Station 04 – Clara-Park: Das Clara Zetkin-Denkmal
Klicken Sie auf den Button um das Abspielen von Soundcloud zu genehmigen.
Wir stehen vor der Statur einer älteren Frau. Da hinter erstreckt sich ein Park, der den Namen der Person trägt, die auf dem Sockel steht. Hinter uns ist ein Kreisverkehr, der im Kontrast zu der Geschichtsträchtigkeit und Entschleunigung des Parks steht.
Die Frau auf dem Sockel heißt Clara Zetkin, vielleicht kennst du eine Abbildung aus ihren jüngeren Jahren von ihr. Doch wer war diese Frau nach der ein Park hier in Leipzig benannt wurden ist?
Clara Zetkin war zu ihren Lebzeiten umstritten wie keine andere. Dem französischen Dichter Louis Aragon galt sie als die „in hohem Grad vollendete Erscheinung der neuen Frau“, für Kaiser Wilhelm II. war sie schlicht die „gefährlichste Hexe des deutschen Reiches“.
Clara Zetkin wurde in Wiederau geboren, einem sächsischen Dorf, das zwischen Leipzig und Chemnitz am Fuß des Erzgebirges liegt. Während den fünfzehn Jahren, die sie in Wiederau verbrachte, hatte Clara das alltägliche Elend vor Augen. In der Schule kam sie mit den Kindern der benachbarten Weber zusammen, die kaum das Nötigste verdienten um ihre Kinder zu ernähren.
Sie verbrachte nur einige Jahre, während ihrer Ausbildung zur Fachlehrerin für moderne Sprachen hier in Leipzig. Während ihrer Ausbildung lernt sie den russischen Sozialisten Ossip Zetkin kennen und lieben. Clara nahm den Namen Zetkin an, ohne Ossip zu heiraten. Sie begann, um ihre Familie zu ernähren, für sozialistische Zeitungen zu schreiben und erweckt somit das Interesse von August Bebel und Wilhelm Liebknecht. 1889 starb Ossip. Im selben Jahr noch hielt sie auf dem Internationalen Arbeiterkongress ihre erste Rede. Sie sprach über die Frauenfrage und stellt die proletarische Frau in den Mittelpunkt. Für sie war klar: Für die Emanzipation der Frau, braucht es das Recht auf Erwerbsarbeit.
1892 übernahm sie die Herausgabe der Frauenzeitschrift „Die Gleichheit. Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen“, die zum zentralen Organ der proletarischen Frauenbewegung wurde. Clara Zetkin schloss aus ihren Analysen, dass aufgrund der Klassenunterschiede die Frauen, die für die Emanzipation der Arbeiterin kämpften, kaum gemeinsame Kampffelder mit der bürgerlichen Frauenbewegung haben konnten.
Die bürgerliche Frauenbewegung knüpfte an die Forderungen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ der bürgerlichen Revolution an. Ihre Geburtsstunde in Deutschland war die Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins durch Louise Otto-Peters im Oktober 1865 auch hier Leipzig. Sie beschränkten ihre Emanzipationsforderungen auf die Zulassung von Frauen zu allen Berufen und Bildungseinrichtungen und lehnten anfangs beispielsweise das Frauenwahlrecht ab. Die Bewegung bestand hauptsächlich aus Frauen der Mittelschicht, die alleine durch ihre Geburt und meist ihre Ehe andere ökonomische und soziale kulturelle Grundlagen hatten. Sie rückten die rechtliche Gleichstellung in den Mittelpunkt.
Die proletarische Frauenbewegung dagegen setzten sich als „Bewegung von Arbeiterfrauen, die vor allem auf Veränderungen im sozialen und wirtschaftlichen Bereich zielt“, für soziale Gleichheit ein. Je nach Zeit und Umständen war Zetkin in unterschiedlicher Deutlichkeit darum bemüht, zwischen proletarischer und bürgerlicher Frauenbewegung zu unterscheiden und sich abzugrenzen. Doch selbst in der sozialdemokratischen Partei, wurde dieser Standpunkt nicht verstanden.
1901 stellt Clara in einem Brief an Kautsky fest, das niemand in der Partei daran gedacht hatte, dass sich die Mühe lohnt, klare theoretische Vorstellungen zur Frauenfrage zu entwickeln und aus den notwendigen Klarstellungen Konsequenzen für die Taktik der Sozialdemokratischen Partei zu ziehen.
Clara Zetkin hatte sich eine Aufgaben gestellt: den Arbeiterinnen bewusst zu machen, dass ihre Befreiung vom Kampf für den Sozialismus abhängt. Es ging um Aufklärung und Organisation, beides musste gleichzeitig geleistet werden.
Für sie war eine unabdingbare Voraussetzung für einen erfolgreichen Kampf um den Sozialismus, dass er von allen Proletariern, von Männern und Frauen, gemeinsam geführt werde.
Clara war davon überzeugt, das sich langfristig Verhalten und Denkweisen der Frauen in Verbindung mit der Entwicklung der Gesellschaft und der Denkweise der Menschen, insbesondere der Männer ändern würden.
Sie bestand darauf das die Frau ein Menschen ist wie ein Mann und betonte das allgemeine menschliche Geschlecht anstatt die Unterscheidung in zwei Geschlechter. Genauso versuchte sie die harten Unterschiede zwischen dem biologischen männlichen und weiblichen Geschlecht aufzubrechen, indem sie z.B. die Mutterschaft nicht als eine wesentliche Besonderheit der Frau ansah, da sie die Versuche aus Mann und Frau zwei verschiedene Wesen zu machen anzweifelte.
Der Kampf der Frauenbewegung brachte zwischen 1890 und 1914 bemerkenswerte Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.
Auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen initiierte sie gegen den Widerstand ihrer männlichen Genossen den Internationalen Frauentag, der heute in zahlreichen Ländern ein gesetzlicher Feiertag ist.
Ihr Leben begleiteten dabei viele führende sozialistische Theoretiker. Von Engels, Bebel, Luxemburg, Kautsky bis Lenin.
Als der Erste Weltkrieg ausbricht, rief Clara Zetkin international die Frauen zum Widerstand auf. Als sie 1917 in die USPD beitritt, entzieht ihr die SPD die Herausgabe der „Gleichheit“. 1919 tritt Clara der KPD bei, für die sie von 1920 bis 1933 im Reichstag sitzt.
Ihr letzter Auftritt in Deutschland geht in die Geschichte ein und sichert ihren einen Platz neben den mutigsten Menschen des Landes. Als Alterspräsidentin des deutschen Reichstages führt sie den Vorsitz auf der konstituierenden Sitzung des Reichstages am 30. August 1932. Geschwächt und fast blind, aber dennoch tapfer und entschlossen, ruft die 75 jährige, umringt von Abgeordneten in SA- und SS-Uniformen, offen zum Widerstand gegen Hitler auf. Nach ihrer Rede kann sie den Reichstag nur mehr verkleidet durch den Hinterausgang verlassen.
Am 20. Juni 1933 stirbt die Grande Dame der deutschen Arbeiterbewegung im Alter von fast 76 Jahren in der UdSSR. Ihre Urne wurde an der Kremlmauer beigesetzt. Bis heute gilt sie als führende Theoretikerin der proletarischen Frauenbewegung.
Selma Kleinau